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Leitartikel        AWG Novelle – Die (Kehrt)wende!?










                                                So wie auf dem „forum“-Titelblatt die Sonne strahlt und alles glänzt, so strahlten auch
                                                alle, die am Entwurf der AWG Kreislaufwirtschaftspaket-Novelle mitgearbeitet haben,
                                                denn sie wurde am 19. 11. im Nationalrat beschlossen!


                                                Es hat ja längere Zeit nicht so glänzend ausgesehen, aber als ein großer Teil des Lebens-
                                                mittelhandels und der Getränkeabfüller im September 2021 den jahrzehntelangen Wider-
                                                stand aufgab und in der Öffentlichkeit sogar die Einführung von Mehrwegquoten ab 2024

       Dr. Alfred Egger                         und ein Flaschenpfand ab 2025 forderten, kam Bewegung in die Sache. Aber auch Verpa-
       ATM-Geschäftsführer                      ckungssammelsysteme, die vehement gegen ein Pfandsystem gekämpft hatten, machten
                                                eine (Kehrt)wende. Als feststand, dass ein Pfand kommt, sprach man sogar von „Erleich-
                                                terung“.


                                                Die Einführung von gesetzlich festgeschriebenen Mehrwegquoten ist ein Meilenstein
                                                in diesem Bereich, denn die „Freiwillige Selbstverpflichtung“ (nur die Tiefblauäugigen
                                                glaubten daran) führte zu einem Absinken unter 20 % (im Vergleich zu 45 % in Deutsch-
                                                land). Der neuen Normierung müssen natürlich ein effektives Kontrollsystem und letzt-
                                                lich angemessene Sanktionen folgen. Kommunen werden sich nach heutigen Schätzungen
                                                  Littering-Kosten in der Höhe von 40 – 50 Mio. Euro pro Jahr sparen. Denn die Erfahrung
                                                aus anderen Staaten, die dieses System schon seit vielen Jahren einsetzen, hat gezeigt,
                                                dass weggeworfene Gebinde von Dritten gesammelt werden. So ist der eine oder andere
                                                schon bereit sich für 20 oder 30 Cent pro Gebinde zu bücken. Durch das Pfandsystem ist
                                                es wie berichtet möglich, sortenreine Lebensmittelverpackungen zu sammeln und daraus
                                                wieder solche zu produzieren.


                                                Durch die Normierung von höheren Sammelquoten auch für andere Verpackungen wird
                                                sich jedoch das derzeit bestehende „stoffliche Verwertungsproblem“ weiter vergrößern.
                                               Als auch wir Anfang der 90er Jahre das Gebot der stofflichen Verwertung für Verkaufs-
                                               verpackungen wie in Deutschland diskutierten, kamen (fast) alle zur Erkenntnis, dass ein
                                                großer Teil dieser Kleinverpackungen mit physikalischen Methoden nicht sortierbar (unter
                                                anderem aufgrund von Materialverbunden) ist und diese einer thermischen Verwertung
                                               zuzuführen sind. Dies gilt heute noch und wird sich aufgrund der enormen Mengensteige-
                                                rungen und mangels (legaler) Exportmöglichkeiten in Drittländer morgen noch viel gra-
                                               vierender auswirken, denn die Märkte für diese Materialien gibt es (noch) nicht.


                                                Den nun verbindlichen Bahntransport für Mengen ab 10 Tonnen kann ich nur begrüßen,
                                                für uns wird sich dabei nichts ändern, da wir diesen schon seit 10 Jahren praktizieren.


                                                Im Anhang 1b der Novelle sind interessante „Beispiele für wirtschaftliche Instrumente
                                                und andere Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierar-
                                                chie“ aufgelistet. Genannt sind „verursacherbezogene Gebührensysteme, in deren Rah-
                                                men Abfallerzeugern ausgehend von der tatsächlich verursachten Abfallmenge Gebühren
                                                in Rechnung gestellt werden und Anreize für die Trennung recycelbarer Abfälle an der An-
                                                fallstelle und für die Verringerung gemischter Abfälle geschaffen werden“. Aufbauend auf
                                                den Erfahrungen der letzten 15 Jahre (in der ersten größeren Region Tirols wurde bereits
                                               2005 der Restmüll verwogen) haben Vertreter der kommunalen und privaten Abfallwirt-
                                                schaft das Digitalisierungskonzept „Abfallwirtschaft 4.0“ ausgearbeitet. Dieses könnte
                                                auch erfolgreich auf die restlichen Regionen in Österreich ausgerollt werden.


                                                Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine virenfreie Weihnachtszeit und einen erfolg-
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