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Leitartikel       Abfallwirtschaft 4.0 – was‘ wiegt, das hat‘s










                                   Im Jahr 1998 (!) startete das Projekt „(t)online“. Seit damals hat sich im Bereich Digitalisierung
                                     einiges entwickelt und es geht weiter.


                                  Aufkommensbezogene Vergebührungen gab es in einigen ATM-Gemeinden bereits vorher. Der Haushalt
                                   bezahlte für die Abfuhr nur die Behälter, die er mit einer Banderole versehen zur Abfuhr bereitstellte.
                                   Die Revolution war dann die Ausstattung der Behälter mit Chips und einer elektronischen Erfassung am
                                   Fahrzeug. Durch die Wahlmöglichkeit des Haushaltes war gewährleistet, dass nur volle Behälter zur Ab-
                                   fuhr bereitgestellt wurden. Die Schwachstelle des Systems wurde durch den Erfindergeist so mancher
       Dr. Alfred Egger
                                  „Müllsparer“ bald entdeckt und ausgenutzt. An den Stammtischen wurden Wetten abgeschlossen, wer
       ATM-Geschäftsführer
                                   am meisten Müll in eine 120iger Tonne bringt. Für die Aufleger war es dann kaum noch möglich diese Ton-
                                   nen zu entleeren. Der einzige realistische Ausweg war, die Behälter zu verwiegen. Die Waagen am Müll-
                                   fahrzeug waren damals noch in der Entwicklung und nicht geeicht. Aber wir starteten ein Pilotprojekt
                                   und bald wurde der gesamte Bezirk Schwaz auf das Verwiege-System umgestellt. Heute kann sich hier
                                   niemand mehr vorstellen, dass Abfall wie auch Wasser und Strom nicht mengenmäßig verrechnet wird.

                                  Warum hat sich das Verwiege-System (bis jetzt)
                                  nicht in ganz Österreich durchgesetzt?


                                   Es  gibt  dafür  (mutmaßlich)  zwei  Hauptgründe:  Nach  dem  Deponierungsverbot  wurden  in  (Ost-)Öster-
                                   reich thermische Verwertungsanlagen gebaut, die gleichzeitig auch Heizkraftwerke waren. Durch das
                                   damalige Überangebot an Kapazitäten und Exporte von Gewerbeabfällen waren die Preise niedrig und
                                   der Brennstoffabfall sehr gefragt. Der nachweisliche Effekt einer Müllreduktion bis zu einem Viertel war
                                  somit weder für private noch kommunale Betreiber ein Benefit. Der zweite Grund war die (befürchtete)
                                  Verschiebung der Abfallmengen in nicht ordnungsgemäße Wege. So hatte eine Gemeinde in Ostöster-
                                   reich plötzlich mehr Sperrmüll als Restmüll und damit einen großen Gebührenentfall. Bei 100 % varia-
                                   bler Verrechnung und kostenloser Sperrmüllabgabe am AWZ ist das natürlich nicht verwunderlich. Um
                                   diesen Fehlentwicklungen vorzubeugen, wurden in allen ATM-Verwiege-Gemeinden von Anfang an die
                                  Gebühren und Müllabfuhrordnungen angepasst. Die Grundgebühr deckt die Fixkosten und die sogenann-
                                  te „Grundvorschreibung“ (eine Mindestmenge, die sich an der Jahresmenge eines „braven“ Mülltrenners
                                   orientiert) verhindert, dass es Verschiebungen ins AWZ und in den Dorfbach gibt. Die tatsächliche Rest-
                                   müllreduktion hat stattgefunden, gleichzeitig sind die Wertstoffmengen gestiegen. Ein weiterer Benefit
                                   dieses Systems ist die Möglichkeit die Abfuhrtouren zu optimieren und so Geld und Emissionen zu sparen.
                                   Durch die Ausstattung der Behälter mit Chips ist eine Verortung und mit einem Optimierungsprogramm
                                   eine Verbesserung der Tourenplanung möglich. Nebeneffekt: Die Daten können für Ausschreibungen als
                                   Kalkulationsgrundlage dienen.

                                  Fünf Pilotregionen geplant



                                   Man mag sich fragen, warum die Erfahrungen aus Tirol nicht einfach eins zu eins in andere Regionen ein-
                                  fließen. Je näher die Pilotregionen sind und positive Ergebnisse schwarz auf weiß vorliegen, desto leich-
                                  ter sind die Schritte für Entscheidungsträger zu setzen. Es sind deshalb beim österreichweiten Projekt
                                  Abfallwirtschaft 4.0 fünf Pilotregionen in den Bundesländern geplant, bei denen die Ausgangssituation
                                   und die Veränderung (wohin sich der Abfall verlagert hat) nach Abschluss des einjährigen Pilotprojekts
                                   ausführlich dokumentiert werden. Geplant ist auch die Entwicklung einer App, die dem Gebührenzahler
                                  zeitnah nach der Entleerung Informationen über das Gewicht und Benchmarks liefern kann. In österreich-
                                   weiten Arbeitsgruppen diskutieren wir derzeit, wie wir Bürger zu noch besserer Mülltrennung bewegen
                                   können, um die sehr hohen Quoten des EU-Kreislaufwirtschaftspaketes erfüllen und Strafen in Millionen-
                                   höhe vermeiden zu können. Mit dem Projekt Abfallwirtschaft 4.0 können wir nachweislich die Restmüll-
                                   mengen reduzieren und mehr Wertstoffe dem Kreislauf zuführen. Da die Verbrenner am Spotmarkt hö-
                                   here Preise erzielen als im langfristig fixierten kommunalen Bereich, gibt es auch da keinen Widerstand.
       02 forum  -                Also gehen wir es an: „Was‘ wiegt, das hat’s!“
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